Wir sind nun bei Tag 10 unserer North Coast 500 Tour angekommen und ahnen noch nicht, welch genialer Tag auf uns wartet, aber immerhin beginnt er auch schon richtig perfekt. Die Sonne steigt langsam über die Moray Firth, das Meer liegt still da. Wir sitzen auf der Terrasse unserer Castlecraig Clifftop Cabin, den heißen Kaffee in der Hand, und genießen die morgendliche Stille. Alles wirkt friedlich, warm und klar – einer dieser seltenen Momente, in denen einfach alles passt. Bis plötzlich ein Schrei aus einer der Nachbar-Cabins die Ruhe zerreißt: „Dolphins! Dolphins!“
Ab diesem Moment ist es vorbei mit der Idylle. Innerhalb von Sekunden sind alle auf den Beinen, die Türen fliegen auf, Stimmen werden laut – pure Aufregung! Auch wir stürzen nach vorne zur Klippe, die Kaffeetassen noch halb voll, und versuchen, einen Blick auf die lang ersehnten Delfine zu erhaschen. Und tatsächlich: Dort draußen, nur wenige hundert Meter vor der Küste, sehen wir sie – eine Gruppe Delfine, die ein kleines Speedboat begleiten. Immer wieder tauchen sie auf, springen durch die Wellen und verschwinden wieder im Glitzern des Wassers. Die morgendliche Ruhe ist längst verflogen, aber stattdessen liegt jetzt pure Freude in der Luft. Wir haben sie tatsächlich in ihrer natürlichen Umgebung gesehen. 🐬
Nigg – Fähre nach Cromarty
Nach diesem unvergesslichen Start in den Tag packen wir schließlich unsere Sachen und starten in unsere heutige Tagesroute an der NC500. Wir fahren in Richtung Nigg, wo wir mit der kleinen Mini-Fähre nach Cromarty übersetzen möchten. n Nigg angekommen, sehen wir sie schon von weitem: die winzige Fähre, die maximal zwei Autos gleichzeitig transportieren kann. Ein echtes Unikat und ein Stück lebendige Tradition.
Wir haben Glück – Nur wenige Minuten später erscheint unser „Taxi“ bereits. Dann geht alles ganz schnell: Einrollen, Motor aus, die Rampe schließt sich, und schon gleiten wir über das Wasser. Die Fähre tuckert gemütlich über den Cromarty Firth, während wir die Aussicht auf beide Küsten genießen. Die beiden Autos stehen Stoßstange an Stoßstange zusammengereiht.
Ein kleines, unscheinbares Erlebnis vielleicht – aber genau solche Dinge machen eine Reise wie diese besonders. Diese Mini-Fähre ist mehr als nur ein Transportmittel – sie ist ein Stück schottischer Alltag, charmant, entschleunigt und einfach echt.
Cromarty erkunden
In Cromarty angekommen erkunden wir die schmalen Gassen und lassen den Charme dieses kleinen Ortes einfach auf uns wirken. Viele der kleinen Kunsthandwerskläden haben noch geschlossen, was uns aber überhaupt nicht stört, denn die Mädels werden anscheinend ohnehin vom Strand angezogen. *g* Das Meer glitzert in der Sonne, und im Sand liegen unzählige Muscheln. Die Mädels sind sofort in ihrem Element, waschen, sortieren und vergleichen ihre Funde, als wären sie kleine Schätze.
Während wir später wieder durch die Gassen spazieren, fällt uns ein kleines unscheinbares Häuschen auf. Eine Plakattafel vor der Tür zieht sofort unsere Aufmerksamkeit auf sich – darauf ein Foto eines Bootes, das wir nur zu gut kennen. Genau dieses Boot hatten wir am Morgen draußen auf dem Meer gesehen, begleitet von den Delfinen!
Neugierig treten wir ein, plaudern kurz mit dem freundlichen Team – und ehe wir uns versehen, steht fest: Wir wollen diese Tour machen. Spontan, ohne lange zu überlegen. Zu unserer großen Freude bieten sie sogar an, eine zusätzliche Tour nur für uns einzuschieben.
Der Treffpunkt ist in einer Stunde wieder im Shop. Bis dahin holen wir uns einen kleinen Snack, genießen die Sonne und bringen ein paar Sachen zum Auto. Die Vorfreude steigt mit jeder Minute. Mehrmals haben wir schon versucht, Delfine auf See zu beobachten, doch bisher ohne Erfolg. Im Shop hängt eine große Tafel mit den Sichtungen der letzten Tage – und die sieht vielversprechend aus. Heute könnte also unser Tag werden. 🤞🏻
Private Bootstour & Delfine
Pünktlich stehen wir wieder am vereinbarten Treffpunkt. Unser Guide erwartet uns bereits mit einem breiten Grinsen, und wir bekommen unsere Ausrüstung sowie eine kurze Einschulung für die Tour. Schwimmwesten und warme Jacken – alles sitzt, alles passt. Und dann die Überraschung: Niemand sonst hat sich für die zusätzliche Tour angemeldet. Das bedeutet, das Speedboat, das normalerweise Platz für zwölf Personen bietet, gehört heute ganz allein uns.
Unser Guide erzählt uns spannende Geschichten über Cromarty, die Küste, die Tierwelt und das Meer. Seine Begeisterung ist ansteckend, und man merkt sofort, dass er diesen Ort liebt.
Wir fahren an den Küsten entlang, vorbei an Klippen und Seevogelkolonien, und umrunden schließlich den gigantischen Ölturm, der seit rund einem Monat in der Bucht liegt. Er wird für Wartungsarbeiten hierhergebracht – ein beeindruckendes, aber auch etwas fremdes Bild in dieser idyllischen Landschaft. Die Einheimischen sehen das riesige Konstrukt mit gemischten Gefühlen, doch immerhin bleibt es nur vorübergehend, bevor es wieder hinaus aufs offene Meer geschleppt wird.
Nach den ersten Versuchen, Delfine zu entdecken, machen wir eine kleine Pause. Unser Guide zaubert eine Thermoskanne mit heißer Schokolade und eine Packung Kekse hervor. Zwar noch keine Delfine in Sicht, aber dafür haben wir schon Robben beobachtet, die neugierig ihre Köpfe aus dem Wasser strecken, und hoch oben die Brutstätten von Möwen und Kormoranen entdeckt.
Und dann passiert es. Plötzlich ein Ruf vom Heck – und da sind sie: Die lang ersehnten Delfine! Erst ein paar Flossen im Wasser, dann taucht gleich eine ganze Familie rund um unser Boot auf. Sie schwimmen mit, springen durch die Wellen, fast zum Greifen nah.
Wir können kaum glauben, was wir da erleben. Wir haben Delfine schon oft in Zoos gesehen, aber hier draußen, frei im Meer, ist es etwas völlig anderes. Dieses Gefühl von Wildheit, Freiheit und Glück lässt sich kaum in Worte fassen. Ein Erlebnis, das uns noch lange in Erinnerung bleiben wird – und einer der schönsten Momente unserer gesamten NC500-Reise.
Was beim Kaffee in der Früh so unscheinbar begonnen hat – ein paar Delfine in der Ferne, die unseren ruhigen Moment unterbrachen – hat sich im Laufe des Tages zu einem absoluten Highlight entwickelt.
Für uns ebenso beeindruckend sind die alten Relikte aus dem Krieg, die noch heute entlang der Bucht stehen. Kleine Wachpostenhäuschen, halb verfallen, aber mit einer ganz eigenen Ausstrahlung. Wir halten kurz inne, betrachten sie genauer und fragen uns, wie sie wohl damals gebaut wurden. Die Architektur ist schlicht, aber durchdacht – ein stilles Zeugnis aus einer anderen Zeit. Heute dienen sie keinen Soldaten mehr, sondern sind zur Heimat von Möwen und anderen Seevögeln geworden, die hier ihre Nester gebaut haben.
Spätes Mittagessen in Rosemarkie
Nach all der frischen Seeluft merken wir plötzlich, wie hungrig wir sind – und ein Blick auf die Uhr verrät: Es ist längst nach 15 Uhr. Die meisten Restaurants haben gerade Nachmittagspause, also beschließen wir, direkt weiter nach Rosemarkie zu fahren, um dort im Crofters Café einzukehren.
Hungrig nach unserer perfekten Bootstour gönnen wir uns – wie könnte es anders sein – Fish & Chips und Mac’n’Cheese. Herzhaft, einfach, köstlich und nach diesem aufregenden Tag auch wohlverdient. Wir sind noch völlig aufgedreht von dem Erlebnis mit den Delfinen, erzählen und lachen, während wir jeden Bissen genießen.
Abendausklang im Hot Tub der Clifftop Cabins
Danach noch ein kurzer Stopp im kleinen Lebensmittelshop, ein paar Snacks und Getränke für den Abend eingepackt – und dann geht’s zurück zu unseren Clifftop Cabins. Dort angekommen, hüpfen wir direkt in den Whirlpool und lassen den Tag gemütlich ausklingen.
Mehr als dankbar für diesen großartigen Tag blicken wir nun von den Cabins aus wieder hinunter aufs Wasser – wissend dass die Delfinge irgendwo da unten schwimmen und eigentlich ganz nah sind.
Reiseroute des Tages 🚘
